Die US-Notenbank setzt ihre Liquiditätsoffensive vorerst uneingeschränkt fort, nachdem die US-Konjunktur zuletzt etwas an Dynamik eingebüßt hat und die Fortsetzung des US-Budgetstreits auch 2014 für Unsicherheit sorgen könnte. Denn die US-Schuldenobergrenze wurde lediglich bis zum 7. Februar angehoben. Insofern wird die Fed die weitere US-innenpolitische und Wirtschaftsentwicklung zunächst abwarten, bevor sie ohne Not geldpolitische Risiken eingeht.

 

Damit ist eine Drosselung des Anleihenaufkaufprogramms der Fed wohl erst ab April 2014 zu erwarten. Aber selbst dann ist nur mit einer Verringerung der Liquiditätszufuhr in kleinen Trippelschritten zu rechnen. Grundsätzlich bleibt die Liquiditätsausstattung der Finanzmärkte auch bei einem Tapering mehr als üppig und als Treibstoff für die weltweiten Aktienmärkte erhalten. Nicht zuletzt hat die japanische Notenbank bereits eine weitere Dynamisierung ihrer Anleihenaufkäufe ab 2014 angekündigt.

 

Die EZB betreibt weiter Krisenentschärfung

 

Auch bei der EZB sind weitere zinspolitische Erleichterungen möglich. Denn sie beobachtet mit Argwohn die zuletzt deutliche Aufwertung der Gemeinschaftswährung gegenüber US-Dollar und japanischem Yen, was die euroländische Exportwirtschaft bereits hemmt. Vor dem Hintergrund einer lahmenden Binnenkonjunktur der Eurozone sowie schwacher Investitionen ist der Außenhandel ein bedeutender Stimulierungsfaktor für die euroländische Wirtschaft.

 

Zudem sind die zumindest offiziellen Preisrisiken in Euroland - zuletzt betrug die Preissteigerung nur 0,7 Prozent - abwärts gerichtet, was der EZB angesichts ihres Inflationsziels von zwei Prozent Rechtfertigungen für weitere Zinslockerungen gibt: Neben dem Instrument Leitzinssenkung könnte sie auch über negative Einlagenzinsen der Geschäftsbanken zur Verhinderung ihres Geldparkens bei der Notenbank nachdenken.

 

Eine Verstärkung ihrer Liquiditätsoffensive kommt ebenfalls in Betracht: Neben der Vergabe erneuter Langfristkredite wäre die Senkung des Mindestreservesatzes - der für neue Kredite der Geschäftsbanken bei der EZB hinterlegt werden muss - von aktuell einem auf null Prozent möglich. Alternativ könnte sie auch den wöchentlichen Abzug von Liquidität stoppen, den sie zum Ausgleich - zur „Sterilisierung“ der bis Ende 2011 aufgekauften Staatsanleihen - in den Markt gegeben hat.

 

Insgesamt geht die Rendite drückende Geldpolitik der EZB weiter, um die ansonsten in Folge mangelnder Spar- und Reformaktivitäten drohenden, höheren Zinsbelastungen für die nationalen Haushalte zu verhindern. Denn auch zukünftig spielen staatliche Konjunkturpakete in Ermangelung anderer Nachfrageaggregate eine tragende Rolle. Im schuldengeplagten Italien zeigt die geldpolitische Therapie bereits deutlich Wirkung: Von 1999 bis 2015 wird sich die Staatsverschuldung zwar knapp verdoppelt haben. Dennoch wird sich bis 2015 bei zu erwartender Beibehaltung der aktuell günstigen Kreditkosten der Anteil der Zinszahlungen am italienischen Staatshaushalt um ein Drittel verringert haben.

 

Die künstlich abklingenden Euro-Krisensymptome werden offenkundig von den Finanzmärkten honoriert. So engen sich die Risikoaufschläge 10-jähriger spanischer und italienischer zu deutschen Staatsanleihen seit dem Rettungsversprechen der EZB im Juli 2012 weiter ein und befinden sich aktuell auf dem niedrigsten Niveau seit August 2011.

 

Die Liquiditätshausse geht weiter

 

Historisch betrachtet fanden Liquiditätshaussen erst bei einer wirklich restriktiven Geldpolitik ihr Ende. Beispielhaft hierfür sind die Zinserhöhungszyklen der Fed zu nennen, die in den USA ab 1999 bzw. 2004 das Platzen der späteren Aktienblasen des Neuen Marktes bzw. der Immobilieneuphorie einleiteten. Ein Kollaps der aktuellen Liquiditätshausse am Aktienmarkt ist jedoch nicht zu befürchten. Im jetzigen real- und finanzwirtschaftlichen Szenario hat die Fed - ebenso wie die anderen bedeutenden Notenbanken - nicht die geringste Veranlassung, ihr Zinsschwert aus der Scheide zu nehmen. Im Gegenteil, die neue US-Notenbankchefin Janet Yellen könnte als Kompensation für den Beginn des Tapering die Dauer der Phase niedriger Notenbankzinsen in den USA auf unbestimmte Zeit verlängern.

 

Die Fundamentalunterfütterung der Aktien

 

Die weltweit lockere Geldpolitik wirkt aber auch stimulierend auf die Konjunktur. So zeigt sich die Unternehmensstimmung in Deutschland - gemessen an den ifo Geschäftserwartungen - im Vorjahresvergleich deutlich aufgehellt. In Erwartung positiver Ausstrahleffekte der deutschen Wirtschaft als Zugpferd für die Eurozone profitieren hiervon vor allem konjunktursensitive euroländische Aktien, die gegenüber Defensivtiteln seit Juli eine Outperformance zeigen.

 

Zudem weisen aufgehellte ZEW Konjunkturerwartungen für die Eurozone auf eine sich fortsetzende Gewinnerholung euroländischer Unternehmen hin. Denn versetzt man die Daten dieses Konjunkturindex in die Zukunft, lässt sich jeweils nach sechs Monaten eine nachfolgende Gewinnveränderung euroländischer Unternehmen - auf Basis des MSCI Euroland - nachweisen.

 

Zukünftig wieder steigende Unternehmensgewinne relativieren nicht zuletzt die aktuell nicht mehr allzu günstigen Bewertungen euroländischer Aktien. Denn sowohl aus Sicht der Ertrags- als auch der Substanzbewertung knüpfen sie bereits an die Bewertungsniveaus vor Ausbruch der Euro-Krise an.

 

Apropos Bewertung: Zwar befindet sich der bekannte DAX als Performance-Index - er rechnet Dividenden mit ein - auf Rekordniveau. Jedoch liegt der reine DAX-Kursindex - ohne Dividenden - rund 24 Prozent unter seinem Allzeithoch vom März 2000.

 

Deutsche Berichtsaison wie erwartet bisher verhalten

 

Das in den Schwellenländern schwierige wirtschaftliche Umfeld - s. die Tapering-Diskussion - und der starke Euro fanden ihren Niederschlag im Rahmen der angelaufenen deutschen Berichtsaison für das III. Quartal.

 

Volkswagen konnte das operative Ergebnis um 21 Prozent zum Vorjahr steigern und trotzt damit dem wirtschaftlich schwierigen Umfeld und ungünstigen Wechselkursentwicklungen. Gewinntreiber war die VW-Tochter Porsche sowie ein insgesamt starkes Geschäft in China, das 25 Prozent mehr Gewinn abwarf. Unter dem Strich fällt der Neunmonats-Überschuss von 20,2 Milliarden Euro auf 6,7 Milliarden Euro, im Vorjahreszeitraum hatte Volkswagen aber durch a.o. Bewertungseffekte profitiert. Bedeutend ist aber, dass die Gewinnprognose für 2013 bekräftigt wird. Bayer konnte dank des Wachstums der Pharma- und Agrarsparte die Schwäche im Kunststoffhandel ausgleichen und konnte unter dem Strich einen Gewinnzuwachs von 42 Prozent erzielen. Den Ausblick bestätigte der Chemie- und Pharmakonzern. Aufgrund von Restrukturierungskosten, einem starken Euro und einer geringeren Nachfrage nach Frachtflügen musste die Deutsche Lufthansa unter dem Strich einen Gewinnrückgang von 30 Prozent zum Vorjahr hinnehmen. Lufthansa kassierte auch das Jahresziel ein. Die Deutsche Bank verzeichnete aufgrund eines schwachen Investmentbankings sowie erhöhter Rückstellungen für Altlasten einen Gewinnrückgang um rund 95 Prozent zum Vorjahr.

 

Aktuelle Marktlage und Charttechnik

 

Insgesamt bilden die perspektivisch an Dynamik gewinnende Weltkonjunktur - auch wieder in den Schwellenländern - und die üppige Liquiditätspolitik der Notenbanken ein zweifaches Argument für im Trend weiter steigende Aktienkurse, so dass unter diesen Bedingungen zum Jahresende im DAX sogar bis 9.500 Punkte möglich sind. Die noch immer geringe Aktienquote vieler institutioneller Investoren ist angesichts des nahenden Jahresendes ein weiteres Argument. Allerdings ist auf dem Weg nach oben jederzeit mit zwischenzeitlichen Konsolidierungen zu rechnen.

 

Aus charttechnischer Sicht dürfte dem DAX aufgrund der zuletzt überkauften Lage eine Atempause bevor stehen. Eine mögliche technische Reaktion trifft aber bereits bei 8.900 und darunter bei 8.850 Punkten auf ersten Halt. Sollte es zu einer stärkeren Korrektur kommen, rücken die Unterstützungen bei 8.770 und 8.692 Punkten in den Vordergrund.

 

Setzt der deutsche Leitindex seinen Höhenflug allerdings weiter fort, so trifft der bei 9.068 Punkten auf einen ersten Widerstand. Darüber könnte sie die psychologisch wichtige Marke bei 9.500 Punkten als Hürde erweisen.

 

Und das passiert in der nächsten Woche

 

Die deutsche Berichtsaison für das abgelaufene III. Quartal nimmt weiter Fahrt auf. Laut Analysteneinschätzungen dürften die Quartalszahlen von BMW ähnlich wie die der Konkurrenz trotz der langsam abflauenden Absatzschwäche in Europa wieder stärker ausfallen. Allerdings bereitet der starke Euro Absatzprobleme. Das Ergebnis von Beiersdorf entwickelt sich aufgrund fortgeführter Expansionsstrategien in den Schwellenländern trotz zwischenzeitlicher Turbulenzen solide. Continental dürfte weiterhin von der Nachfrage aus den Schwellenländern profitiert haben. Fresenius und Fresenius Medical Care werden aufgrund des Wachstumskurses in den Bereichen Infusions- und Ernährungstherapie robuste Zahlen vorweisen. Die Deutsche Telekom dürfte von einer Verbesserung ihres US-Geschäfts profitieren. Die Versicherungskonzerne Allianz sowie Münchner Rück dürften nach Abarbeitung der europäischen Flutkatastrophe im II. Quartal nun wieder solidere Zahlen präsentieren.

 

Auf Makroebene führen in den USA die BIP-Zahlen für das abgelaufene III. Quartal die langsame, aber stetige US-Konjunkturerholung vor Augen. Freundliche Daten zu den Auftragseingängen in der US-Industrie sowie der ISM Index für den Dienstleistungssektor weisen zwar auf eine weitere Dynamisierung hin, die allerdings noch nicht am US-Arbeitsmarkt adäquat ankommt.

 

Die EZB dürfte auf ihrer Zinssitzung erneut ihre geldpolitische Unterstützung für die Euro-Konjunktur und -Finanzmärkte bestätigen, ohne jedoch schon konkrete Maßnahmen zu beschließen. Der Einkaufsmanagerindex für Euroland deutet auf eine leichte Stabilisierung der Konjunkturerholung in der Eurozone hin. Ein positives Signal dürften die deutschen Auftragseingänge in der Industrie geben.

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